Kommt er oder kommt er nicht. Die Frage konnte man sich nach dem Theater um die Sommer-Tournee der Babyshambles im vergangenen Jahr als deutscher Konzertbesucher durchaus stellen. Doch im
heimischen Albion sind die Gefahren des Lebens wesentlich berechenbarer. Den Reisepass kann man ruhig mal vergessen und den Flieger muss man auch nicht erwischen. Und so fängt an diesem
ungemütlichen Februarabend in Manchester alles ganz unspektakulär an. Die erste Supportband wird vom Publikum, insofern es sich überhaupt erst von der Bar in den gigantischen Saal des ehrwürdigen
Apollo-Theaters bequemt hat, mehr oder weniger komplett ignoriert. Auch I am Kloot können anschließend ihren Heimvorteil kaum geltend machen. Werden sie zunächst noch höflich bis gelangweilt
erduldet, müssen sie sich schon bald den ersten Pfiffen und fliegenden Bierbechern erwehren. Stakkatoartige 'Pete, Pete, Pete…' Rufe machten deutlich, dass alle nur aus einem Grund hier sind. Der
Personenkult um Pete Doherty bleibt im Königreich ungebrochen. In der kurzen Umbaupause füllen sich Innenraum und Ränge schlagartig. Eine unwirkliche Erwartungshaltung liegt in der Luft. Sie
steigert sich zu einer seltsamen Mixtur aus Aggression und hysterischer Euphorie, die sich pünktlich um halb zehn zu entladen beginnt, als die Lichter im Apollo ausgehen und Doherty im
Scheinwerferspot die Bühne betritt. Ein Hagel von Bechern und glühenden Zigaretten regnet von der Empore hinunter. Die Luft ist von Bierfontänen durchzogen. Jeder Versuch trocken zu bleiben
scheitert kläglich. Bei einem Bierpreis von 3,50 £ pro Pint ein kostspieliger Spaß.
Die Babyshambles starten mit "Pipedown", während auf den Rängen das Chaos ausbricht. Unten fliegen derweil unzählige Schuhe, Jacken und T-Shirts auf die im rot, weiß blauen Union Jack-Look
ausgeleuchtete Bühne. Doherty, zu Beginn noch ohne Gitarre am vorderen Bühnenrand unterwegs, kickt das ein oder andere Teil zurück ins Publikum. Stolpernd verheddert er sich dabei während "Beg,
Steal or Borrow" in seinem Mikrokabel und entplugged sich schließlich selbst für einen Augenblick. Aber 3500 Kehlen hängen ohnehin ununterbrochen an seinen Lippen, so dass diese kurze
Unterbrechung kaum jemand mitbekommt.
Nur bei den neuen Songs wie "Baddies Boogie" nimmt Doherty das Tempo etwas heraus und entspannt die angeheizte Atmosphäre ein wenig. Das aber auch nur
für jeweils kurze Zeit, denn die Show ist reichlich mit obligatorischen Highlights bestückt. Die eigenen Hits "Fuck Forever", "Down in Albion", "I
Wish", "Killamangiro" und "Sedative" werden frenetisch gefeiert und die eingestreuten Libertines-Klassiker "Time For Heroes" und "What Katie Did" lassen
die Emotionen immer wieder überschwappen, setzten eine geradezu ekstatische Energie frei. Doherty ist gut gelaunt, redet zwischen den Songs aber realtiv wenig, murmelt nur kurz, dass es sein
erster Gig seit langem sei und wie schön es wäre, wieder in Manchester zu sein.
Als während "La Belle Et La Bete" plötzlich Kate Moss höchstpersönlich mit Cowboyhut und Westernstiefeln auf die Bühne stakst, um ihrer drei Zeilen ins Mikro haucht ist das Geschrei kurz vor Ende
noch mal besonders groß. Dann verschwindet die Band von der Bühne. Fast 15 Minuten vergehen, bevor Doherty mit Band für zwei weitere Songs die Bühne betreten. Den Abschluss der beeindruckenden
One-Man-Show bildet das schweißtreibende "Side of the Road", ein weiteres, bisher unveröffentlichtes, Stück. Ende. Nal also, er kann also - wenn er will. Für deutsche Fans dieses Jahr ein
schwacher Trost.